Warum kommt dem Alkoholgehalt im Wein besondere Bedeutung zu?

Grappe chasselas mûre

Die meisten von uns Schweizer Weingeniessern streben nach Qualität anstelle von Quantität, nicht wahr? Aber Weine bilden je nach Traubensorte, Anzahl Sonnentagen für den Reifeprozess der Rebstöcke und die sog. VINIFIZIERUNG (Herstellung) unterschiedliche Volumenprozente an Alkohol. In diesem Zusammenhang beinhalten Rotweine – Ausnahmen bestätigen die Regel - vergleichsweise mehr Alkohol, als Weiss- oder Rotweine. Aber wieviel Alkoholprozente sollten Weine idealerweise aufweisen?

Nun, so unterschiedlich die Rebsorten und daraus entstehende, gekelterte (abgepresste) Rebensäfte, so vielfältig auch deren späterer Alkoholgehalt. Dies ergibt insofern Sinn, als normalerweise 11 bis 13-prozentige Weiss- und Rosé-Weine erstens kühler und zweitens zwecks Erfrischung von Gaumen und Kehle rascher getrunken werden, als Rotweine, deren Volumenprozente zwischen 12 und 14% liegen je nach Region. Weshalb die französische Schweiz bei Chasselas-Wein auch ‘mal von «Vin de Soif» - übersetzt etwa «Durstlöscherweinen» - spricht...

Zweifellos erfüllt der Alkoholgehalt als AROMENTRÄGER ein wesentliches Qualitätskriterium bei der Weinherstellung. Zudem intensiviert dieser den möglichst abgerundeten Geschmack, indem er die REBSÄURE

mindert! Und ohne Säure würde jeder Wein strukturell in sich zusammenfallen; sollten Sie à propos «saurer Wein» bereits wissen, welches Getränk weltweit am meisten Säure beinhaltet? Besonders Kinder und Jugendliche trinken es mit Vorliebe, weil es gleichzeitig einen Zuckergehalt von einem Drittel der Flüssigkeit aufweist: Coca-Cola...

Wein enthält verschiedene Arten von Alkohol. Neben Wasser, bildet ETHANOL einen wesentlichen Bestandteil des Weins, welches in hoher Konzentration gegen die meisten Bakterien und Pilze sowie gegen viele Viren wirkt. Es entsteht durch die ALKOHOLISCHE GÄRUNG und ist zwischen 72 und 92 Gramm pro Liter im Alkohol enthalten. Des Weiteren ist das farblose, eher brennend schmeckende und giftige METHANOL - auch Methylalkohol - ein zusätzlich wichtiger Bestandteil im Wein: Es ist bloss zu 17 bis maximal 100 Milligramm pro Liter im Weisswein, zu 60-230 Milligramm im Rotwein vorhanden. Trotzdem wirkt Alkohol deshalb auf den Menschen in geringen Mengen anregend, in grösseren Mengen oder hoher Konzentration jedoch giftig.

Pardon für den kurzen theoretischen Exkurs, aber die PHENOLE im Wein dürfen wir ebenso wenig vergessen. Denn diese beeinflussen im Wesentlichen die Farbe, den Geruch und Geschmack sowie die TEXTUR (z.B. «samtig, voll, seidig, dicht, wuchtig, fleischig, cremig, fett, schmelzig, tiefgründig, adstringierend, leicht, trocken, knackig oder harmonisch») des Weins. Auch sind sie verantwortlich für den Unterschied zwischen Weiss- und Rotwein. Hinsichtlich der Substanz der Phenole reicht es für uns zu wissen, dass sie im Wein eine Gruppe von einigen hundert chemischer Substanzen aus der Stoffgruppe der Polyphenole umfassen, welche sich unter der TRAUBENHAUT (sowie in Olivenöl, Grüntee, Vitamin-Kapseln und ähnlichem) befinden.

Aber wie entsteht Alkohol im Wein überhaupt?

Wir erinnern uns daran, dass Trauben von Hand oder maschinell von ihrem Stielgerüst entrappt/abgebeert werden. Um diese dann in einer Mühle zerdrücken zu lassen, sodass ein dickflüssiges Gemisch aus Fruchtfleisch, Traubenkernen, Schalen und Saft – die sog. MAISCHE entsteht. Bei der alkoholischen Gärung wandeln die Hefen im Most den Fruchtzucker in Alkohol um, dabei als Nebenprodukt Kohlenstoffdioxid. Alkoholische Gärung setzt immer dann spontan ein, wenn Hefepilze und Zuckerlösungen bei 18-27 Prozent Celsius in Berührung kommen.

Bei der - unter Weinfreunden auch kurz MALO genannt - MALOLAKTISCHEN GÄRUNG wird die in den Trauben natürlich gebildete APFEL- in MILCHSÄURE umgewandelt. Dabei entsteht Kohlendioxid, und dieser Prozess wird auch biologischer Säureabbau, kurz BSA genannt. Tatsächlich wird jedoch keine Säure abgebaut, sondern nur eine im Gaumen milder wirkende Variante umgewandelt. Für diese Umwandlung verantwortlich sind Bakterien, welche entweder durch spontan natürliche Infektion oder auch mit bewusster Zugabe in den Wein gelangen. Vor allem bei Rotweinen ist der BSA sinnvoll, da sich dieser wie ein weiches Samtmäntelchen über kantige Spitzen der Säure legt.

Kontraproduktiv wirkt sich die Malo hingegen bei Weissweinen aus, denn diese verlieren damit spürbar an Spritzigkeit und Frische: Anstelle der Frucht tritt oft eine mehr oder minder deutlich buttrige Geschmacksnote. Bekannt ebenso von den tschechischen Bieren Budweiser und ähnlich klassisch-böhmischen Pilsenern.

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Verantwortlich ist dabei in beiden Fällen der Stoff DIACETHYL...

Durch natürliche Gärung kann Wein keinen höheren Alkoholgehalt als rund 14-15 Volumenprozent erhalten. Falls dem trotzdem so sein sollte, wurde künstlicher Alkohol beigefügt, wobei die Gärung abgestoppt und der übrige Traubenzucker als Restzucker drin bleibt. Oder die Weine «nach italienischer Manier» ganz einfach reduziert, bzw. «eingekocht» werden, um den Wasseranteil zu vermindern...